Reisebericht Madeira 5 (Blumeninsel im Atlantik)



Hinweis: da der Reisebericht recht lang geworden ist, wurde er in Unterkapitel aufgeteilt, die direkt angesprungen werden können!
Kapitel 1: Entscheidungsfindung, Anreise, Hotelanlage
Kapitel 2: Motorrad, Fahrt nach Funchal, Machico, Porto da Cruz
Kapitel 3: Fahrt nach Monte, Korbschlitten, Jardim Tropical
Kapitel 4: Fahrt nach Calheta über Ribeira Brava und Ponta do Sol
Kapitel 5: Camacha, Faial, Santana, Sao Jorge
Kapitel 6: Funchal
Kapitel 7: Canico de B., Ribeira Brava, Camara de L., Ponta do Garajau
Kapitel 8: Sao Vicente, Seixal, Ribeira da Janela, Porto Moniz (Norden)
Kapitel 9: Santa Cruz, Abreise


Kapitel 5

Mi., 23.11.11

Gegen 08:00Uhr morgens konnten wir schon bei geschlossener Tür Baulärm vom Haupthaus hören, trotzdem unser Zimmer bestimmt mindestens 50m Luftlinie entfernt lag und mit dem Balkon vom Haupthaus weg zeigte. Das Frühstück gab es ab jetzt auch im Sala Atlantico. Als Außenbereich stand nur noch ein von der Poolterrasse abgesperrter Miniteil zur Verfügung. Reine Glückssache, wenn wir jetzt noch draußen in der Sonne frühstücken konnten. Und wenn doch mal ein Platz zu ergattern war, wurde man „beglückt“ durch „Geräusche“, die entstehen, wenn Wände mit einem Presslufthammer Camacha, Madeiraeingerissen werden. Unter „Renovierung“ verstanden wir etwas Anderes. Hier handelte es sich mehr um eine „Kernsanierung“.
Also hieß es Sachen packen und die Flucht ergreifen. Ziel: Camacha, das auf 700m Höhe am Berghang gelegene Zentrum der Korbflechter. Über kurvige Sträßchen ging es über Canico immer höher in die Berge. Die Temperatur sank und ein Regenschauer stand bevor, als wir an dem Hauptplatz des Ortes, dem Largo da Achada, unsere BMW abstellten. Direkt nebenan befand sich zusammen mit einem hundert Jahre alten Uhrturm das „Cafe Relogio“, Karbwaren in Camacha, Madeirain dessen Gebäude sich auch die Korbflechterwerkstatt befand, ein Restaurant (recht ungemütlich) und ein großer Verkaufsraum für einheimische Korb-,Holz-, Strickwaren und spezielle Spirituosen. Schon interessant, was so alles aus Korb gefertigt werden konnte: Hüte, Kerzenständer, Taschen, Eimer, Tiere u.s.w. bis hin zu einem über 3m großen Boot. Scheinbar waren hier richtige Künstler am Werk. Und die verrichteten Ihre Arbeit, für alle beobachtbar, fleißig im Keller. Da draußen der Schauer bereits wieder vorbei war, gingen wir noch auf die Außenterrasse, von der es so einen tollen Blick auf die Küste geben sollte. Fehlanzeige, es war einfach noch zu diesig. Also schlenderten wir um den Largo da Achada herum und dann die Straße den Hang hinauf in Richtung zweites Ortszentrum. Außer ein paar Restaurants, bei denen schon der Grill angeheizt wurde, und urigen Wohnhäusern gab es aber nicht viel zu entdecken. Schnell war der Ortsausgang erreicht und gab den Blick frei auf das von einem tollen Regenbogen überspannte Bergland . Auf dem Rückweg kehrten wir in ein kleines Lokal ein, einer Mischung aus Kneipe und Restaurant, wo wir uns zu wesentlich günstigeren Preisen als im „Cafe Relogio“ stärkten. Leider mußten wir nun die Uhr immer ein bisschen im Auge behalten, da wir um 17:00Uhr leider in der Nähe von Assomada das Motorrad gegen ein Auto tauschen mussten. Es war (nochmal) leider bereits für die folgenden Tage vorbestellt. Am liebsten hätte ich es gar nicht wieder hergegeben, aber der deutsche Chef von Magoscar ließ nicht mit sich reden ;-(. Nun war es also ein weißer Seat Ibiza 1.2, der uns die nächste Zeit zu unseren weiteren Zielen bringen sollte.
Baulärm empfing uns wieder am Hotel und ein paar Stunden später ging es zum Abendessen in den „gemütlichen“ Besprechungsraum. Diesmal sorgten ein Gitarrist und ein Geigenspieler für musikalische Untermalung. Wir dachten schon, dass das eine kleine Wiedergutmachung der Hotelleitung wegen des Baulärms war, aber scheinbar gehörte das in dem Hotel an manchen Abenden zum Standardprogramm.


Do., 24.11.11

Sporthotel Der Donnerstagmorgen fing nicht besonders schön an. Nicht nur, dass ab 08:00Uhr der Lärm von der Baustelle im Haupthaus gegenüber wieder zu hören war, sondern der Himmel war wolkenverhangen und es regnete. Pfui, aber wenigstens war es warm. Auf dem Weg zum Frühstück bemerkten wir im Hotel noch mehr, was uns nicht sonderlich gefiel: Presslufthämmer brachen Wände im Haupthaus ein, die Poolbar war nicht mehr nutzbar (hier gab es vorher am Nachmittag eine Happy-Hour mit Kaffee und Kuchen), der Außenpool war ohne Wasser und abgesperrt inklusive 95% der Sonnenterrasse. Es wurde also mit jedem Tag „gemütlicher“ und die Sterne des Hotels bröckelten mit jedem Tag und jedem Hammerschlag mehr. Wie konnte man nur Arbeiten in solchem Umfang (Videolink siehe unten) während des laufenden Gästebetriebs machen?
Nach Madeira auf 900m Höhedem Frühstück kam Gott sei Dank die Sonne wieder zum Vorschein. In der Hoffnung, dass es auch an der Nordküste von Madeira trockenes gutes Wetter gab, machten wir uns auf, nach Santana zu fahren. Der Hinweg sollte uns mitten durch die Berge und das Naturschutzgebiet Ribeiro Frio führen. Aber so weit waren wir noch nicht. Kurve reihte sich an Kurve (schade, dass wir das Motorrad nicht mehr hatten) und wir gewannen schnell an Höhe, bis wir nach ein paar Kilometern auf der ER202 kurz unterhalb der Wolkengrenze auf 900m Höhe einen Zwischenstopp einlegten. Brrrr, hier waren keine 20 Grad mehr, sondern 9 Grad. Die Sicht auf die Küste war sehr eingeschränkt und auch bei der Weiterfahrt aufgrund des dickenZentralgebirge Madeira Nebels nur noch ein paar Meter. Tipp: wer vor hat, in die Berge Madeiras zu fahren, der sollte immer etwas Wärmendes und etwas gegen Regen mitnehmen. Das Klima ist hier total anders, als an der Südküste. Schließlich passierten wir den Abzweig zur ER 103, die uns nun durch dichte Wälder weiter nach Norden bringen sollte, und erreichten nach mittlerweile gefühlten 100 Kurven einen Parkplatz in Ribeiro Frio (genannt nach dem gleichnamigen Fluss; portugiesisch für „kalter Fluss“). Vor hier aus wollten wir eine Mini Levada-Wanderung zu dem Aussichtspunkt Balcoes starten. Ausgerüstet mit festem Schuhwerk und einem dicken Pulli, wanderten wir an dem kleinen Wasserkanal entlang. Natur pur und total reine Luft, wie die Baumflechten signalisierten. Einige Abzweigungen von unserem gut markierten und fast ebenen Weg waren mit Schildern, die auf Bergrutsche hinwiesen, gesperrt. Dies sollte man auch tunlichst nicht ignorieren, denn die Bergwelt Madeiras ist nicht ganz ungefährlich. Sperrungen haben immer einen guten Grund! Vorbei an einer Snack Bar (mitten im Wald!) mit Souvenirs aus einheimischen Produkten und durch eine Felsspalte hindurch erreichten wir schließlich unser Ziel: den „Balkon“. Was für ein toller Rundblick; auf der einen Seite über bewaldete Hügel auf den Nordatlantik und auf der anderen Seite auf die wolkenverhangenen Gipfel des Zentralgebirges von Madeira. Schon imposant. Insgesamt etwa eine Stunde Wanderung hatten wir hinter uns, als wir unser Auto Faial, Madeirawieder bestiegen. Nach weiten 100 Serpentinen bergab lag der nett gelegene Ort Faial an der Steilküste im Nordosten von Madeira vor uns. Die Temperatur wurde wieder angenehmer und lag so bei 17 Grad bei einem Sonne/Wolken-Mix. Markant ragte der Adlerfelsen in den Himmel, der es, ab Meeresspiegel fast senkrecht aufsteigend, auf 560m Höhe brachte. Den besten Überblick über Faial und die Steilküste hatte man oberhalb des Ortes von einem Aussichtspunkt mit etlichen alten Kanonen, die von nicht ganz so friedlicher Vergangenheit zeugten.
Nächstes Etappenziel: Santana. Weil wir es nicht eilig hatten und etwas von der Landschaft sehen wollten, nahmen wir die ER101 und nicht den über 3km langen „Tunel do Faial Cortado“ nach Norden. Im Gegensatz zu Faial lag Santana etwa 1km Luftlinie von der Küste entfernt. Über eine Kopfsteinpflasterstraße mit Mosaik verzierten Bürgersteigen gelangten wir in den Ort. Auf der Suche nach der hier bekanntesten Attraktion, den Santana-Häuschen oder auch „Casa do Colmo”, schlenderten wir durch die Gassen mit maximal 2-geschossigen Wohnhäusern. Bis jetzt ganz nett und gepflegt, aber sonderlich interessant. Ein Wohnort halt. Schließlich wurde es aber doch noch spannend, als wir eines der „Casa do Colmo“ entdeckten, das mit Stroh bis fast auf den Boden gedeckt und auch noch bewohnt war. Casa do Colmo, Santana (Madeira)Kaum, dass wir uns näherten, entdeckte uns die ältere Bewohnerin, fing fürchterlich laut an, auf Portugiesisch zu zetern und hob schon fast drohend ihren Besen. Ohne Foto machten wir uns von dannen in Richtung Zentrum. Holla, der Besen hatte wohl etwas gegen Touristen (sorry ;-) ). Weitaus sicherer war dagegen die Besichtigung der „Ausstellungs“-Santana-Häuschen in der Nähe des Rathauses. Hier wurde man von Frauen in einheimischer Tracht zum Foto eingeladen. Im Inneren der Häuschen war alles so hergerichtet, wie es vor etlichen Jahren mal ausgesehen hatte und man konnte regionale Produkte kaufen bzw. Frauen beim Weben zuschauen. Die Vorgärten waren bepflanzt mit vielen prächtigen Paradiesvogelblumen. Ganz so paradiesisch gestaltete sich der nachfolgende Besuch einer öffentlichen Toilette unter dem Rathaus nicht. Aber sehr in Erinnerung bleibend: kein Licht, keine verschließbare Tür, dafür stinkig und alles war angekettet, von der Toilettenpapierrolle bis hin zur Brille. Tipp: wenn Ihr Nasenklammer und Taschenlampe vergessen habt, spart Euch den Besuch! Wir hatten jetzt die Nase voll, verließen Santana und machten noch einen kurzen Abstecher nach Sao Jorge ganz im Norden von Madeira mit schönem Steilküstenblick, bevor wir die Rückfahrt zum Hotel antraten. Diesmal wählten wir die schnellere Route durch etliche lange Tunnel über Faial, Machico und ab hier über die Autobahn bis Canico de Baixo.
Als wir gegen 18:00Uhr das Hotel erreichten, empfing uns immer noch ohrenbetäubender Baulärm. Wer sich mal ein Bild von den Bauarbeiten machen möchte, der sollte sich das Video in unserer Filmgalerie auf Youtube mal anschauen; Ton einschalten nicht vergessen. Die Arbeiter machten wohl nie Feierabend. Dazu kam noch, dass ab heute das kostenpflichtige WLAN nur noch zu den Essenszeiten nutzbar war (oder stehend im Treppenhaus) und der kostenlose Pizzeria Galoresort Canico de Baixo, MadeiraInternetplatz verlegt worden war und sich nun im Fitness-Club befand; Abhängigkeit von Öffnungszeiten und schwitzende Sportler inbegriffen. Aufgrund unsere Erfahrungen bei den letzten beiden Abendessen im Besprechungsraum "Sala Atlantico“, beschlossen wir, in der zur Anlage gehörenden Pizzeria zu speisen. Halbpension inklusive „Restaurant-Hopping“ (zu unserer Zeit gültig für die Pizzeria und das Fischrestaurant Atlantico) machten das möglich. Man musste sich hierfür nur an der Rezeption einen Gutschein ausstellen zu lassen. Leider hatte sich der Betrag pro Person wegen der heute angefangenen Wintersaison um sechs Euro verringert (von 16 auf 10 Euro). Alle Versuche, wegen der „Unannehmlichkeiten“ im Hotel bei der Rezeption ein Entgegenkommen in Form des 16 Euro Gutscheins zu erreichen, schlugen fehl. Außerdem wollte man uns mit dem Hinweis auf möglichen Platzmangel erst gar keinen Gutschein für den heutigen Abend ausstellen, weil wir ja nicht einen Tag vorher Bescheid gegeben hätten. Als wir schließlich unsere Pizza serviert bekamen, saßen wir fast alleine in der Pizzeria. Wie war das noch mit der Wintersaison? Aber das hätte auch die Rezeption wissen können…