Mi., 23.11.11
Gegen 08:00Uhr morgens konnten wir schon bei geschlossener Tür
Baulärm vom Haupthaus hören, trotzdem unser Zimmer bestimmt
mindestens 50m Luftlinie entfernt lag und mit dem Balkon vom Haupthaus
weg zeigte. Das Frühstück gab es ab jetzt auch im Sala Atlantico.
Als Außenbereich stand nur noch ein von der Poolterrasse abgesperrter
Miniteil zur Verfügung. Reine Glückssache, wenn wir jetzt
noch draußen in der Sonne frühstücken konnten. Und
wenn doch mal ein Platz zu ergattern war, wurde man „beglückt“
durch „Geräusche“, die entstehen, wenn Wände
mit einem Presslufthammer eingerissen
werden. Unter „Renovierung“ verstanden wir etwas Anderes.
Hier handelte es sich mehr um eine „Kernsanierung“.
Also hieß es Sachen packen und die Flucht ergreifen. Ziel: Camacha,
das auf 700m Höhe am Berghang gelegene Zentrum der Korbflechter.
Über kurvige Sträßchen ging es über Canico immer
höher in die Berge. Die Temperatur sank und ein Regenschauer
stand bevor, als wir an dem Hauptplatz des Ortes, dem Largo
da Achada, unsere BMW abstellten. Direkt nebenan befand sich
zusammen mit einem hundert Jahre alten Uhrturm das „Cafe
Relogio“, in
dessen Gebäude sich auch die Korbflechterwerkstatt befand, ein
Restaurant (recht ungemütlich) und ein großer Verkaufsraum
für einheimische Korb-,Holz-, Strickwaren und spezielle Spirituosen.
Schon interessant, was so alles aus Korb gefertigt werden konnte:
Hüte, Kerzenständer, Taschen, Eimer, Tiere u.s.w. bis hin
zu einem über 3m großen Boot. Scheinbar waren hier richtige
Künstler am Werk. Und die verrichteten Ihre Arbeit, für
alle beobachtbar, fleißig im Keller. Da draußen der Schauer
bereits wieder vorbei war, gingen wir noch auf die Außenterrasse,
von der es so einen tollen Blick auf die Küste geben sollte.
Fehlanzeige, es war einfach noch zu diesig. Also schlenderten wir
um den Largo da Achada herum und dann die Straße den Hang hinauf
in Richtung zweites Ortszentrum. Außer ein paar Restaurants,
bei denen schon der Grill angeheizt wurde, und urigen Wohnhäusern
gab es aber nicht viel zu entdecken. Schnell war der Ortsausgang erreicht
und gab den Blick frei auf das von einem tollen Regenbogen überspannte
Bergland . Auf dem Rückweg kehrten wir in ein kleines Lokal ein,
einer Mischung aus Kneipe und Restaurant, wo wir uns zu wesentlich
günstigeren Preisen als im „Cafe Relogio“ stärkten.
Leider mußten wir nun die Uhr immer ein bisschen im Auge behalten,
da wir um 17:00Uhr leider in der Nähe von Assomada das Motorrad
gegen ein Auto tauschen mussten. Es war (nochmal) leider bereits für
die folgenden Tage vorbestellt. Am liebsten hätte ich es gar
nicht wieder hergegeben, aber der deutsche Chef von Magoscar ließ
nicht mit sich reden ;-(. Nun war es also ein weißer Seat Ibiza
1.2, der uns die nächste Zeit zu unseren weiteren Zielen bringen
sollte.
Baulärm empfing uns wieder am Hotel und ein paar Stunden später
ging es zum Abendessen in den „gemütlichen“ Besprechungsraum.
Diesmal sorgten ein Gitarrist und ein Geigenspieler für musikalische
Untermalung. Wir dachten schon, dass das eine kleine Wiedergutmachung
der Hotelleitung wegen des Baulärms war, aber scheinbar gehörte
das in dem Hotel an manchen Abenden zum Standardprogramm.
Do., 24.11.11
Der Donnerstagmorgen fing nicht besonders schön an. Nicht nur,
dass ab 08:00Uhr der Lärm von der Baustelle im Haupthaus gegenüber
wieder zu hören war, sondern der Himmel war wolkenverhangen und
es regnete. Pfui, aber wenigstens war es warm. Auf dem Weg zum Frühstück
bemerkten wir im Hotel noch mehr, was uns nicht sonderlich gefiel:
Presslufthämmer brachen Wände im Haupthaus ein, die Poolbar
war nicht mehr nutzbar (hier gab es vorher am Nachmittag eine Happy-Hour
mit Kaffee und Kuchen), der Außenpool war ohne Wasser und abgesperrt
inklusive 95% der Sonnenterrasse. Es wurde also mit jedem Tag „gemütlicher“
und die Sterne des Hotels bröckelten mit jedem Tag und jedem
Hammerschlag mehr. Wie konnte man nur Arbeiten in solchem Umfang (Videolink
siehe unten) während des laufenden Gästebetriebs machen?
Nach dem
Frühstück kam Gott sei Dank die Sonne wieder zum Vorschein.
In der Hoffnung, dass es auch an der Nordküste von Madeira trockenes
gutes Wetter gab, machten wir uns auf, nach Santana zu fahren. Der
Hinweg sollte uns mitten durch die Berge und das Naturschutzgebiet
Ribeiro Frio führen. Aber so weit waren wir noch nicht. Kurve
reihte sich an Kurve (schade, dass wir das Motorrad nicht mehr hatten)
und wir gewannen schnell an Höhe, bis wir nach ein paar Kilometern
auf der ER202 kurz unterhalb der Wolkengrenze auf 900m Höhe einen
Zwischenstopp einlegten. Brrrr, hier waren keine 20 Grad mehr, sondern
9 Grad. Die Sicht auf die Küste war sehr eingeschränkt und
auch bei der Weiterfahrt aufgrund des dicken
Nebels nur noch ein paar Meter. Tipp: wer vor hat, in die Berge Madeiras
zu fahren, der sollte immer etwas Wärmendes und etwas gegen Regen
mitnehmen. Das Klima ist hier total anders, als an der Südküste.
Schließlich passierten wir den Abzweig zur ER 103, die uns nun
durch dichte Wälder weiter nach Norden bringen sollte, und erreichten
nach mittlerweile gefühlten 100 Kurven einen
Parkplatz in Ribeiro Frio (genannt nach dem gleichnamigen
Fluss; portugiesisch für „kalter Fluss“). Vor hier
aus wollten wir eine Mini Levada-Wanderung zu dem
Aussichtspunkt Balcoes starten. Ausgerüstet
mit festem Schuhwerk und einem dicken Pulli, wanderten wir an dem
kleinen Wasserkanal entlang. Natur pur und total reine Luft, wie die
Baumflechten signalisierten. Einige Abzweigungen von unserem gut markierten
und fast ebenen Weg waren mit Schildern, die auf Bergrutsche hinwiesen,
gesperrt. Dies sollte man auch tunlichst nicht ignorieren, denn die
Bergwelt Madeiras ist nicht ganz ungefährlich. Sperrungen haben
immer einen guten Grund! Vorbei an einer Snack Bar (mitten im Wald!)
mit Souvenirs aus einheimischen Produkten und durch eine Felsspalte
hindurch erreichten wir schließlich unser Ziel: den „Balkon“.
Was für ein toller Rundblick; auf der einen Seite über bewaldete
Hügel auf den Nordatlantik und auf der anderen Seite auf die
wolkenverhangenen Gipfel des Zentralgebirges von Madeira. Schon imposant.
Insgesamt etwa eine Stunde Wanderung hatten wir hinter uns, als wir
unser Auto wieder
bestiegen. Nach weiten 100 Serpentinen bergab lag der nett gelegene
Ort Faial an der Steilküste im Nordosten von
Madeira vor uns. Die Temperatur wurde wieder angenehmer und lag so
bei 17 Grad bei einem Sonne/Wolken-Mix. Markant ragte der Adlerfelsen
in den Himmel, der es, ab Meeresspiegel fast senkrecht aufsteigend,
auf 560m Höhe brachte. Den besten Überblick über Faial
und die Steilküste hatte man oberhalb des Ortes von einem Aussichtspunkt
mit etlichen alten Kanonen, die von nicht ganz so friedlicher Vergangenheit
zeugten.
Nächstes Etappenziel: Santana. Weil wir es nicht eilig hatten
und etwas von der Landschaft sehen wollten, nahmen wir die ER101 und
nicht den über 3km langen „Tunel do Faial Cortado“
nach Norden. Im Gegensatz zu Faial lag Santana etwa
1km Luftlinie von der Küste entfernt. Über eine Kopfsteinpflasterstraße
mit Mosaik verzierten Bürgersteigen gelangten wir in den Ort.
Auf der Suche nach der hier bekanntesten Attraktion, den Santana-Häuschen
oder auch „Casa do Colmo”, schlenderten
wir durch die Gassen mit maximal 2-geschossigen Wohnhäusern.
Bis jetzt ganz nett und gepflegt, aber sonderlich interessant. Ein
Wohnort halt. Schließlich wurde es aber doch noch spannend,
als wir eines der „Casa do Colmo“ entdeckten, das mit
Stroh bis fast auf den Boden gedeckt und auch noch bewohnt war. Kaum,
dass wir uns näherten, entdeckte uns die ältere Bewohnerin,
fing fürchterlich laut an, auf Portugiesisch zu zetern und hob
schon fast drohend ihren Besen. Ohne Foto machten wir uns von dannen
in Richtung Zentrum. Holla, der Besen hatte wohl etwas gegen Touristen
(sorry ;-) ). Weitaus sicherer war dagegen die Besichtigung der „Ausstellungs“-Santana-Häuschen
in der Nähe des Rathauses. Hier wurde man von Frauen in einheimischer
Tracht zum Foto eingeladen. Im Inneren der Häuschen war alles
so hergerichtet, wie es vor etlichen Jahren mal ausgesehen hatte und
man konnte regionale Produkte kaufen bzw. Frauen beim Weben zuschauen.
Die Vorgärten waren bepflanzt mit vielen prächtigen Paradiesvogelblumen.
Ganz so paradiesisch gestaltete sich der nachfolgende Besuch einer
öffentlichen Toilette unter dem Rathaus nicht. Aber sehr in Erinnerung
bleibend: kein Licht, keine verschließbare Tür, dafür
stinkig und alles war angekettet, von der Toilettenpapierrolle bis
hin zur Brille. Tipp: wenn Ihr Nasenklammer und Taschenlampe vergessen
habt, spart Euch den Besuch! Wir hatten jetzt die Nase voll, verließen
Santana und machten noch einen kurzen Abstecher nach Sao Jorge
ganz im Norden von Madeira mit schönem Steilküstenblick,
bevor wir die Rückfahrt zum Hotel antraten. Diesmal wählten
wir die schnellere Route durch etliche lange Tunnel über Faial,
Machico und ab hier über die Autobahn bis Canico de Baixo.
Als wir gegen 18:00Uhr das Hotel erreichten, empfing uns immer noch
ohrenbetäubender Baulärm. Wer sich mal
ein Bild von den Bauarbeiten machen möchte, der sollte sich das
Video
in unserer Filmgalerie auf Youtube mal anschauen; Ton einschalten nicht vergessen.
Die Arbeiter machten wohl nie Feierabend. Dazu kam noch, dass ab heute
das kostenpflichtige WLAN nur noch zu den Essenszeiten nutzbar war
(oder stehend im Treppenhaus) und der kostenlose Internetplatz
verlegt worden war und sich nun im Fitness-Club befand; Abhängigkeit
von Öffnungszeiten und schwitzende Sportler inbegriffen. Aufgrund
unsere Erfahrungen bei den letzten beiden Abendessen im Besprechungsraum
"Sala Atlantico“, beschlossen wir, in der zur Anlage gehörenden
Pizzeria zu speisen. Halbpension inklusive „Restaurant-Hopping“
(zu unserer Zeit gültig für die Pizzeria und das Fischrestaurant
Atlantico) machten das möglich. Man musste sich hierfür
nur an der Rezeption einen Gutschein ausstellen zu lassen. Leider
hatte sich der Betrag pro Person wegen der heute angefangenen Wintersaison
um sechs Euro verringert (von 16 auf 10 Euro). Alle Versuche, wegen
der „Unannehmlichkeiten“ im Hotel bei der Rezeption ein
Entgegenkommen in Form des 16 Euro Gutscheins zu erreichen, schlugen
fehl. Außerdem wollte man uns mit dem Hinweis auf möglichen
Platzmangel erst gar keinen Gutschein für den heutigen Abend
ausstellen, weil wir ja nicht einen Tag vorher Bescheid gegeben hätten.
Als wir schließlich unsere Pizza serviert bekamen, saßen
wir fast alleine in der Pizzeria. Wie war das noch mit der Wintersaison?
Aber das hätte auch die Rezeption wissen können…
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